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FESTIVAL

Haben und sein:
Bern – ein Modell

Gemeinsam, offen, verschwörerisch, lustvoll, wertschätzend

Das BONE Performance Festival versteht sich als ein künstlerisches experimentelles Spielfeld, welches seine Produktions- und Präsentationsformen kontinuierlich und entsprechend der Themen, die unter den Nägeln brennen weiterentwickelt. Die Festivalleitung hat beschlossen, auch unter den aktuellen besonderen Umständen das Festival vom 23. bis zum 29. November 2020 als Open Air stattfinden zu lassen. Unser Alltag wird stark durch die aktuelle Krise bestimmt. Unter anderem wird durch sie die Gemeinschaft in Mitleidenschaft gezogen und infrage gestellt. Mit der diesjährigen Ausgabe wollen wir am Wir-Gefühl schrauben.   Wir sagen «alles ist da», bescheiden, trennen das Wesentliche von allem, doch davor ist der Bestand wertzuschätzen, eine Ordnung (Modell) zu erstellen, um Entscheidung treffen, auswählen zu können. Mit «Haben und sein: Bern – ein Modell» bestreiten wir ein Festival der (Welt) Anschauung, Konspiration und Kontemplation. In diesem Sinn haben wir auch die Künstlerinnen und Künstler eingeladen, sich Zeit zu nehmen, Bern als Modell anzuschauen, ihre Ahnungen mit uns zu teilen. Wir suchen eine Qualität des Staunens gegenüber dem Gewöhnlichen, Alltäglichen, eine Form von Entfremdung (alienation), Distanznahme um wertschätzen und entscheiden zu können. Den Bestand zu warten, kontemplativ, gegenwärtig zu machen, was Wesentlich ist, genau zuzuhören, um die Zugehörigkeit zu klären, im Sinne von Common Sense, geteilten Sinnen (zusammen die Berner Luft einatmen). Dies heisst vor Ort sein und den Raum teilen. Erinnern Sie sich noch an die Inserate der Plattformen für Partnersuche: zämächo, zämäsii, zämähäbä, zämä brösmälä…? Das Festival nimmt dieses Jahr das Zämä auf. Wir bewegen uns im Stadtraum hin zum Publikum und suchen eine Qualität des gemeinsamen Staunens gegenüber dem Gewöhnlichen. Den Bestand gegenwärtig zu machen, heisst, genau zuzuhören, um Zugehörigkeiten zu klären, im Sinne von Common Sense. «Haben und sein. Bern – ein Modell» geht vom Bewährten aus, schätzt dessen Wert, unterhält das Wesentliche im Bewusstsein, dass Mehr in Zukunft Weniger bedeutet. Wir glauben, dafür eine Kultur in Bern gefunden zu haben.

Phasenweises Herantasten oder herumeiern? Wir arbeiten prozesshaft. Nach dem Abstecken der Themenfelder und Interessensgebiete, kamen von Februar bis Mai Bernerinnen und Berner zu Wort. In Form von Interviews, wurden Eindrücke, Anekdoten, Missverständnisse über und in Bern ergründet und ein Netzwerk von Informat*innen gebildet, die uns und den Beteiligten mit ihrem Wissen zur Verfügung standen. Nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler, wurden eingeladen, sich während einer Woche im August auf Bern einzulassen und ihre Aussensicht einzubringen. Wie sieht das Berner Modell aus? Was ist der Bestand und welches sind die Auswahlkriterien? In privaten Wohnungen untergebracht, konnten die Gäste in die Aare eintauchen, den Bärengraben besuchen, Bernerinnen und Berner, direkt nachspüren, die Stadt infiltrieren – um das Bestehende und Bewährte wahrzunehmen, sich darauf einzulassen, hinzugehen, zu erahnen und schliesslich diese gewonnenen Ahnungen zu teilen.


Immer noch Performance – oder verderben viele Köch*innen den Brei? Das prozesshafte Vorgehen veranschaulicht eindeutig die dem Festivalfokus zugrunde liegenden Fragen um die Perspektiven und Möglichkeiten der Performance. Um den Performance-Begriff zu erweitern, muss eben diese Performance von der reinen Aufführungspraxis gelöst werden – womit auch der Begriff der Autor*innenschaft in die Waagschale geworfen wurde. Damit soll nicht der (vieldiskutierte) Tod des*der Autor*in heraufbeschworen werden. Vielmehr soll die Fragestellung über das individuelle Schaffen und auch über die künstlerische Praxis ins Kollektive hinein ergänzt werden. Alles ist da – alle nehmen und sind Teil. Aus dieser Praxis resultiert eine hybride aber bewegliche Form, in welcher sich die Grenzen verwischen, die Netzwerke überschneiden, alle dabei sein können.


Zämäapagge, zämä loufe oder doch zämä plöiderle. Nun werden die gewonnen Ahnungen und Eindrücke über Bern zu einem Mapping verwoben. Diese unterschiedlichen Szenarien fassen das Erahnte und Gefundene zur Stadt  Bern zusammen, sind affirmativ und überraschend. Mit «Haben und sein: Bern – ein Modell» bieten wir ein Festival der (Welt)Anschauung, der aktiven Teilhabe und Kontemplation. Bisch o dabii?